Donnerstag, 3. April 2014

Autofreie Insel: Molène, Bretagne

Autofreie Insel: l’Archipel de Molène, Bretagne


Die zweite Station auf unserer Tour der autofreien Inseln Frankreichs ist der Archipel von Molène, der sich ca. 15 Kilometer nordwestlich der bretonischen Hafenstadt Le Conquet mit rund 20 Inseln, Klippen und Untiefen zwischen dem Festland und der Île d'Ouessant hinter der fürchterlichen Meerenge Passage du Fromveur (Link auf Französisch) erstreckt.


Quelle: Ccarnot


Molène ist die Hauptinsel des gleichnamigen Archipels, der 9 Hauptinseln (Bannec, Balanec, Molène, Triélen, L’île aux Chrétiens, Quémènès, Litiry, Morgol und Béniguet) und 9 Nebeninseln umfasst. Letztere werden meist als „Lédénes“ (=Erweiterungs- oder Nachbarinsel) bezeichnet und sind bei Ebbe mit der jeweiligen Hauptinsel verbunden, bei Flut aber von ihr getrennt (Lédénès Vraz, Lédénès Vihan, Lédénès Bannec…). 

Die Insel und der Archipel von Molène wurden erst im Laufe der Zeitgeschichte zu Inseln. Während der Eiszeit war der Archipel eine riesige Halbinsel von fast 300 km², die durch das Tiefland von Le Conquet mit dem Festland verbunden war. Durch das Abschmelzen der Gletscher und dem Anstieg des Meeresspiegels wurde die Halbinsel vom Festland abgetrennt und in ein Duzend kleiner Inseln verwandelt.

Der Archipel von Molène liegt auf einem Schelf mit gering ausgeprägten Meerestiefen und starken Strömungen, die eine außergewöhnliche Artenvielfalt im Wasser begünstigen. In erster Linie ist er für sein riesiges Algenfeld bekannt, das mit 10.000 Hektar Fläche das größte Europas ist. Neben der Fischerei und der Algenwirtschaft tragen die Bereiche Tourismus und Freizeitaktivitäten zunehmend zum Wirtschaftswachstum des Archipels bei.

Der Archipel weist eine erstaunliche aber empfindliche natürliche Umwelt auf. So sind die Inseln Heimat einer Kolonie von großen Tümmlern und Kegelrobben sowie unzähliger Fischarten und Krebstiere und dienen zahlreichen Vögeln als Nistplatz, darunter der Heringsmöwe, der Silbermöwe, der Mantelmöwe, der Brandseeschwalbe und der Fluss-Seeschwalbe. Am Watt der Inseln kann man Kormorane, Basstölpel und Reiher beobachten, die hier bevorzugt nach Fischen jagen, aber auch Kaninchen und Nagetiere sind hier heimisch.

Der Archipel wurde zum besonderen Naturschutzgebiet Natura 2000 erklärt, um die Biodiversität zu erhalten und das Naturerbe der Region zu schützen. Dank seines reichen Naturerbes wurde die Inselgruppe 1988 mit dem Label Man and Biosphère (Link auf Englisch) ausgezeichnet. Das Unesco-Programm zielt darauf ab, gefährdete Naturreservate vor Ausbeutung der natürlichen Ressourcen oder übermäßigem Tourismus zu schützen.

Wie viele Inseln wurde der Archipel früher häufig von Krankheiten wie der Cholera und verheerenden Fluten heimgesucht. In der jüngeren Geschichte setzten Schiffsunglücke und gewaltige Stürme der Insel zu.

1904 hatte die Inselgruppe 613 Bewohner, davon 142 Fischer mit 44 Booten, die quasi autark lebten. Jede Familie versorgte sich selbst: die Männer brachten die Fische, die sie nicht verkaufen konnten, mit nach Hause und halfen den Frauen beim Anbau von Kartoffeln, Gerste, Weizen, Rüben und Gemüse. Sie züchteten Kühe, Schweine, Schafe, Hühner und Kaninchen und betrieben Tauschhandel. In Zeiten der Not half man sich gegenseitig. Die einzigen Einnahmen kamen aus dem Verkauf von Fischen, Hummern und Langusten und dem Verkauf von Natrium aus Seetang (Link auf Französisch).

Die Algenvielfalt des Archipels dient seit Jahrhunderten als Einnahmequelle. In dem enormen Feld wachsen zahlreiche Tangarten, darunter die Arten Tali und Tali penn, die mehrere Meter hoch werden können und für pharmazeutische und kosmetische Zwecke verwendet werden. Ihre Ernte ist heute streng reglementiert und erfolgt mechanisch. Früher kamen hingegen ganze Familien auf die Inseln, um hier teils unter extremen Bedingungen von den Erträgen des Algenanbaus zu leben.

Molène und sein Archipel sind eng mit der mehr oder weniger glorreichen Geschichte der Tangarbeiter verbunden. Erst Anfang der 1970er Jahre veränderte sich das Leben der Menschen mit der Erfindung der hydraulischen Erntemaschinen, die von Booten aus gesteuert wurden. Durch diese Mechanisierung und die Legalisierung des Verkaufs ungetrockneten Seetangs konnte der Tang nun in großen Mengen abgebaut werden. Im Winter werden einige der Ernteboote eingesetzt, um Jakobsmuscheln zu sammeln.

Die Wasserversorgung auf den Inseln erfolgt durch zwei Gemeinschaftsspeicher und Regenwassernutzung: die „Citerne des anglais“, ein Geschenk von Königin Victoria aus dem Jahr 1896, und das 1976 erbaute „Impluvium“. Darüber hinaus gibt es zwei Grundwasserentnahmestellen im Nordwesten der Insel und private Regenwasserspeicher an den meisten Häusern.

Bis Ende der 60er Jahre bestimmten religiöse Feste das Leben auf der Insel. Heute feiert man das Fest des Meeres am 15. August, und mit der Meerwanderung Trielen-Molène anlässlich der großen Gezeiten im August oder September erreichen die Festivitäten ihren Höhepunkt.

Auf Molène gibt es keine Bäume und damit auch kein Holz. Die traditionelle Wurst wird etwa fünf Stunden über getrocknetem Seetang geräuchert. Durch diese spezielle Räuchermethode erhält die Wurst ihren einzigartigen Geschmack nach Iod.

Gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts noch 600 Menschen auf der Insel, so leben heute nur noch 213 Menschen ganzjährig dort. Im Sommer zählt die Molène dagegen 750 Einwohner. Mit 50.000 Besuchern im Jahr (im Sommer sind es ca. 1000 pro Tag), ist es für die Insel eine große Herausforderung, ihre einzigartige natürliche Umwelt zu bewahren. Gerade einmal sieben Nutzfahrzeuge sind auf der gesamten Insel zugelassen. Das Fahrrad ist ein beliebtes Fortbewegungsmittel, aber am allerbesten erkundet man die Insel zu Fuß, vor allem um bei Ebbe das Watt zu durchwandern.



Quelle: Julien Carnot

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